Der 1,90 grosse Péter Tasnádi galt im Jahr 1998 als einer der gefürchtetsten Paten des nächtlichen Budapests. Zu seinen besten Zeiten arbeiteten etwa 300 Leute für ihn – darunter auch Polizisten. Sein Geld machte er in erster Linie mit Wucherkrediten. Nach eigenen Aussagen verlangte er für einen Kredit von 20 Millionen Forint schon einen Monat später 25 Millionen. Wenn der Schuldner nicht zahlte, suchten sie ihn in seiner Wohnung auf und schlugen jeden zu Brei, den sie dort auffanden. Eine derartige Prozedur des Geldeintreibens ist in der Schweiz unvorstellbar. Es fuhren etwa vierzig PKWs beim Schuldner vor, in jedem Auto sassen zwei angsteinflössende Männer von mächtiger Statur. Sie verprügelten das Opfer auch dann, wenn klar war, dass es den geschuldeten Betrag niemals mehr wird tilgen können. Die Gewalt sollte als abschreckendes Beispiel gegenüber anderen Schuldnern dienen.
So kam es, dass Tasnádi in den 90er Jahren sehr reich wurde. Zu dieser Zeit inszenierte er sich in diversen Hochglanzmagazinen gerne als Paten von Budapest. Ganz im Stil seiner US-amerikanischen Vorbildern. Irgendwann machte es sich Tasnádi zur Gewohnheit, dass er sich im Herbst nach Las Vegas verzog und erst im April des nächsten Jahres nach Budapest zurückkehrte. Seine Geschäfte liefen mittlerweile auch ohne ihn. So tat er es also auch im Jahr 1997.
Als er bereits in Las Vegas weilte, erhielt er einen Anruf eines anderen mächtigen Mafiosos und Medienunternehmers: Tamás Gyárfás. Dieser fragte ihn ohne grosse Umschweife, ob er bereit wäre, den Konkurrenten János Fenyő auszuschalten und was es ihn kosten würde. Im Vorfeld dieses Mordauftrags war zwischen Gyárfás und dem als Medienzar berüchtigten Fenyő ein Streit um das Medienunternehmen Nap TV entbrannt.
Nun, Tasnádi war zwar ein gnadenloser Gangster, aber Auftragsmord ging ihm dann doch zu weit. Gemäss eigenen Aussagen kam es durch ihn oder seiner Organisation niemals zur Tötung eines Menschen. Allerdings konnte er den Hals nicht vollkriegen und hatte wegen einer früheren Geschichte noch etwas Wut im Bauch gegen Gyárfás.
Wie er es in Filmen gesehen hatte, sagte Tasnádi zu Gyárfás, dass er im Voraus sechs Millionen Forint haben will und nach Erledigung noch einmal sechs Millionen. Damals war dies sehr viel Geld. Er dachte aber nicht einmal daran, den Auftrag ausführen zu lassen. Gyárfás hingegen erfüllte seinen Teil und bezahlte die erste Hälfte der vereinbarten Summe.
Einige Zeit später sass Tasnádi in Las Vegas an seinem PC und staunte nicht schlecht, als er im Internet die Nachricht las: János Fenyő wurde am 11. Februar 1998 in der Margit Strasse in seinem Mercedes sitzend durch eine Maschinengewehrsalve hingerichtet. Tasnádi war nicht nur ein skrupelloser Verbrecher, sondern hatte anscheinend auch einen eigenen Humor. Wie selbstverständlich rief er Gyárfás an und verlangte nun die zweite Hälfte der Auftragssumme, da seine Leute den Mord ja ausgeführt hätten. Unklar ist, ob Gyárfás zu diesem Zeitpunkt bereits wusste oder zumindest ahnte, dass nicht die Leute von Tasnádi hinter dem Attentat steckten. Auf jeden Fall schlug er vor, das Geld erst auszuhändigen, wenn Tasnádi im April zurück sein wird. Dieser war allerdings nicht einverstanden und drohte Gyárfás, wenn das Geld in den nächsten Tagen nicht bezahlt werde, ihn derselbe Mann aufsuchen würde, der Fenyő getötet hatte. Die restlichen sechs Millionen wurden in kürzester Zeit beglichen.
Nachträglich hatte sich herausgestellt, dass die Leute um den gefürchteten Tamás Portik den Mafioso und Medienmogul János Fenyő gekillt hatten. Portik und Gyárfás wurden mittlerweile verurteilt und sitzen im Gefängnis.
Tasnádi sass in der Zwischenzeit wegen anderer Vergehen satte 13 Jahre im Knast. Heute lebt Tasnádi ein unscheinbares Leben als Mafioso-Rentner und veröffentlichte vier Bücher. Ausserdem betreibt er einen beliebten Youtube-Kanal, auf dem er aus seinem Leben erzählt. Péter Tasnádi hat in Ungarn eine treue Fangemeinde und viele sehen ihn als eine Art Mafia-Ikone.
Hier geht es zum Youtube-Kanal von Péter Tasnádi: https://www.youtube.com/@mr.tasnadi
Foto: Budapest im Jahr 1984, Quelle: Fortepan
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