Am Nachmittag des 15. Oktober 2006 fuhr der allseits beliebte Lehrer Lajos Szögi (44) mit seinen beiden minderjährigen Töchtern Emese (15) und Zsófi (5) in Richtung Vámosújfalu. Gegen 15 Uhr 30 wollten sie die Ortschaft Olaszliszka durchqueren. Der Familienvater lenkte seinen Wagen umsichtig und hielt sämtliche Verkehrsregeln ein. Wie aus dem Nichts tauchte aber das Roma-Mädchen Kitti (11) auf und rannte dicht vor ihnen über die Strasse. Obwohl das Auto das Mädchen nicht einmal berührte, fiel es – vielleicht aus lauter Aufregung – in den Strassengraben. Das Kind blieb allerdings unverletzt. Lajos Szögi hielt an, um nachzuschauen, ob es dem Mädchen gutgeht. Aussteigen konnte er aber nicht mehr.

Plötzlich erschien Kittis älterer Bruder und attackierte wutentbrannt das Fahrzeug, wobei er auf die Motorhaube sprang und mit seiner Faust so fest auf die Windschutzscheibe schlug, dass diese nachgab. Lajos Szögi versuchte noch loszufahren, aber bis dahin erreichten fünf weitere Verwandte von Kitti, darunter ihr Vater und ein weiterer Bruder, den Wagen und zerrten den Lehrer auf die Strasse. Für diesen begann nun ein entsetzliches Martyrium, welches später das ganze Land schockierte. Es war eines der brutalsten Verbrechen der jüngeren Kriminalgeschichte Ungarns. Die sechs Männer fingen an, den Familienvater vor den Augen seiner beiden Töchter mit Fausthieben und Tritten zu malträtieren.

Die Mutter der unverletzten Kitti stand etwas abseits des Geschehens und feuerte die Männer schreiend an: «Tötet den Ungarn, denn das Kind ist tot!». Dabei wusste sie bereits, dass ihrer Tochter nichts geschehen war, denn diese rannte, nachdem sie aus dem Strassengraben herauskam, direkt in den Hof, um ihre Mutter, die gerade vom Unfall gehört hatte, zu trösten: «Weine nicht, Mutter! Ich lebe!». Die Täter wiederum schauten nicht einmal nach Kitti, sondern waren ausschliesslich mit ihrem Opfer beschäftigt. Die beiden Mädchen Emese und Zsófi mussten währenddessen furchtbare Szenen mitansehen. Ihr Vater lag bereits in einer Blutlache am Boden, doch die Täter liessen immer noch nicht von ihm ab. Die sechs Männer befanden sich mittlerweile in einem Blutrausch und versahen ihr Opfer mit insgesamt fast hundert Tritten und Faustschlägen. Seine Töchter schrien vor Panik, konnten jedoch nichts tun. Der Vater von Kitti rannte in der Zwischenzeit zurück ins Haus und kam mit einer Axt zurück, um damit den Kopf des mittlerweile schwerverletzten Lajos Szögi abzuhacken. Ein weiterer Verwandter nahm Anlauf, um dann mit voller Wucht gegen den Kopf des am Boden liegenden Familienvaters zu treten.

Der zu diesem Zeitpunkt noch bei Bewusstsein gewesene Lajos Szögi bettelte seine Peiniger regelrecht an, seine beiden Töchter zu verschonen. Diese schrien aber die zwei Mädchen an, dass sie den Mund halten sollen, weil sie sie sonst vergewaltigen würden. Die über die Tat entsetzte Emese nahm jedoch ihre kleine Schwester an der Hand und floh Richtung Ortszentrum. Auf dem Weg hielten sie ein Auto an, in dem eine Frau sass. Als Emese später dazu befragt wurde, wie sie den Mut aufbringen konnte, um aus dieser Situation zu fliehen, erzählte sie, dass ihr in diesem Moment alles egal war. Sie wollte nur noch ihrem in seinem eigenen Blut darniederliegenden Vater helfen. Dieser verstarb aber an seinen schweren Verletzungen, noch bevor die Rettungskräfte eintrafen. Die Polizei nahm zuerst drei Verdächtige fest, darunter den Abgeordneten der örtlichen Sinti und Roma. Später wurde der Kreis der Verdächtigen erweitert.

Denkmal zu Ehren des 2006 ermordeten Lajos Szögi

Lajos Szögi wurde am 21. Oktober 2006 zur Ruhe gesetzt. An seiner Beerdigung nahmen tausende Trauergäste teil. Nach diesem schrecklichen Verbrechen wurden in Ungarn erneut Stimmen laut, die Todesstrafe wieder einzuführen. Noch im Jahr 20006 wurde am Tatort ein Denkmal für Lajos Szögi errichtet. Seit 2011 wird in Olaszliszka an jedem 15. Oktober ein Gedenktag für Lajos Szögi abgehalten. Die Schreckenstat wurde auch in einem Theaterstück verarbeitet, welches unter dem Protest der Familie Szögi im Jahr 2015 in Budapest uraufgeführt wurde. Der Fall ist als «der Lynchmord von Olaszliszka» in die Kriminalgeschichte Ungarns eingegangen. Der Anwalt der Familie Szögi erzählte später in einem Interview, dass er während seiner langjährigen Berufstätigkeit noch nie so einen schlimmen Fall gesehen hatte.

Zusammenstellung bezüglich des Lynchmordes von Olaszliszka (ungarisch)

Quellen:

Emléknap lett Szögi Lajos halálának napja – Mandiner

Tizenöt éve történt az olaszliszkai lincselés (magyarnemzet.hu)

Olaszliszkai lincselés – Wikipédia (wikipedia.org)

Fotolizenzen:

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